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Performance-Künstler Peter Fritzenwallner im Porträt

Performancekünstler haben es am Kunstmarkt naturgemäß schwer, schaffen sie doch keine verkäuflichen Kunstobjekte, sondern Arbeiten, die flüchtig und immateriell sind. Um junge Performancekünstler zu unterstützen vergibt der Kunstraum Niederösterreich seit 2007 den H13, den Niederösterreich Preis für Performance.

In diesem Jahr wurde der 30- jährige Salzburger Peter Fritzenwallner ausgezeichnet, der ursprünglich aus der Malerei kommt. Fritzenwallner hat in den vergangenen Jahren mit Performances auf sich aufmerksam gemacht, die mit ihrer improvisatorischen Offenheit sowie einer Portion absurdem Humor bestechen.

 

 

 

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Der Schlaf der Vernunft gebiert… Malerei

Rolf Wienkötter, 20.06.07

Die als „Museum auf Abruf“ bekannte Kunstsammlung der Stadt Wien meldet sich machtvoll zurück, mit neuen Räumlichkeiten und einem von Iara Boubnova kuratierten Sammlungsquerschnitt. Einer guten Tradition der Nachwuchspflege folgend ist auch Raum für die Einzelpräsentation eines jungen Künstlers: Peter Fritzenwallner macht den Anfang, laut Eigendefinition Maler, allerdings einer, der zu Ergebnissen kommt, die mit der momentanen Bilderflut erfreulich wenig zu tun haben. Was wir sehen, ist eine Bild, Zeichnung, Objekt und Video gewordene Grübelei über das, was Malerei an sich bedeuten könnte, besonders für den Maler selbst. Aber keine Angst, es wird nicht zum x-ten Mal dekonstruiert, was wir ohnehin schon alle durchschaut haben: Fritzenwallners Kunst ist amüsant und lustbetont, ohne zu unterfordern.

Doch was ist zu sehen? „Kopien“ alter Meister, seltsam lässig gemalt, wie unvollendet, darunter Giorgiones „Laura“ und Rubens` „Mädchen mit Fächer“ aus dem Kunsthistorischen Museum, letzteres auf einer Staffelei stehend, die zu einem grotesken Apparat erweitert wurde (eine Art Katapult fällt auf), mit einem umgebauten Ikea-Möbelstück und einem Staubsauger in Verbindung stehend. An den Wänden Tableaus mit Zeichnungen, welche die typischen Ikea-Anleitungen aufnehmen und bearbeiten. Das eigentliche Kraftzentrum sind die Videos, v.a. „Three Rooms“ von 2007: hier wird das Netz ausgelegt, das die gezeigten Dinge beseelt und zu Akteuren in einem eigenartigen Schauspiel werden lässt. Die Frau als Motiv, Muse, Objekt einer männlich-kreativen Potenz, das Kunstwerk als sublimierter Geschlechtsakt, das ist das nicht unheikle Terrain, auf dem sich Fritzenwallner bewegt. Was wir sehen, ist aber keine ideologiekritische Pflichtübung, sondern ein traumwandlerischer Parcours, der selbstironische, humorvolle und poetische Momente in eine feine, doch sehr präzise Balance bringt. Das Video führt die Stränge zusammen, hat keine Scheu vor den Suggestivmethoden des Kinos, erzeugt einen narrativen Sog, ohne den absurd-versponnenen Grundton zu verraten. Die Malerei wird zur Selbstbegattung, die Staffelei zur „Junggesellenmaschine“ („AUTist“ steht auf einer der Zeichnungen). Künstler und Werk sind in einem Stoffwechselkreislauf von Ernährung, Verdauung, Kopulation und Ejakulation verfangen, und das Hochgeistig-Kulturelle ist untertunnelt von den Impulsen unserer biologischen Existenz. KHM, Ikea und Künstleratelier, Geschichte und Gegenwart treffen sich in der Tiefe, dort, wo sich der Körper regt und räkelt.

Klarerweise fühlt man sich an so manches erinnert. Wer aber dieses Grundproblem wohl jeden künstlerischen Anfangs so unterhaltsam und unerschrocken beackert und daraus eine ganz eigene Empfindsamkeit zu formen versteht, wie etwa Fritzenwallners Video „Bohemian Mass“ demonstriert, hat alle Sympathien verdient – und viele Besucher.

 

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Viennafair: Wiens beste Kunstmesse der Stadt

Viennafair.

Viennafair. / Bild: (C) Viennafair.  

Von Kunst als Investment wird hier heuer fast peinlich berührt nicht mehr geredet. Die Qualität wurde gehalten, einige neue Ansätze wirken aber noch nicht ausgereift.

 (Die Presse)

Liebes Geld, tut mir leid, dass ich dich so lange gehasst habe. Ich liebe dich. Bitte, bitte komm zu mir zurück.“ Schreibt Marina Albu, 1984 geborene rumänische Künstlerin auf einer Kojenwand der Viennafair. Und was ist eine Kunstmesse schon anderes als ein ironischer Liebesbrief – der Kunst an das Geld, das sie so verachtet und sie doch erst ermöglicht. Der Künstler an ihre Sammler, verkuppelt durch die Galeristen. So gesehen ist Wien diese Woche ein Liebesnest.

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Im Dunstkreis der auf Kunst aus Österreich, Russland und Osteuropa spezialisierten Kunstmesse brodelt es: 20 führende Wiener Galerien eröffnen heute in ihren Stammräumen zusätzlich zur Viennafair das ambitionierte „Curated by“-Programm. In den heruntergekommenen Räumen des ehem. Post- und Telegrafenamts neben der Börse breitet sich die Satellitenmesse Parallel aus – Shabby Chic mit wenigen künstlerischen Höhepunkten. Und vor der Karlskirche materialisiert sich die junge Szene genau gegenteilig: auf einer strahlend weißen, riesigen Kuppel, bisher nur von Promotion-Events bekannt.

Kurator Jürgen Weishäupl bespielt diese „I-Sphere“ erstmals mit Kunst, projiziert auf ihre Haut Videos. In Kooperation mit den Wiener Galerien Bäckerstraße 4 und Viertel Neun, beide anscheinend vom Viennafair-Beirat nicht erwünscht. Doch man schmollt nicht, sondern stellt selbst etwas auf die Beine– rund um den Video-Dome gibt es noch Einzelpräsentationen in Containern.

Unerwünschte Container gehen der Viennafair auch stärker an den Kragen: Am Rande des Messevorplatzes steht ein doppelt unbequemer, den der galerienlose Künstler Bernhard Hammer mit einer interaktiven Installation zur Flüchtlingsthematik bespielt. Fast schon eine pathetische Symbolik hier, vor dem VIP-Transitbereich der Viennafair. Wobei die Umarmung der Off-Szene durch die „Reiche-Russen-Messe“ wohl durchaus großzügiger ausfallen würde. Würden im Hintergrund nicht die üblichen Galeristenmachtspiele ablaufen. Trotzdem, die Viennafair hat sich als Herzstück des Wiener Kunstmarktplatzes etabliert.

Das hat auch die endgültige Machtübernahme durch den russischen Immobilienentwickler Dmitry Aksenov nicht geändert, der bereits voriges Jahr stiller Eigner war und sich erst unlängst von Partner Sergey Skaterschikov trennte. Die Messe wird jetzt zu 70 Prozent von Aksenov und zu 30 Prozent von der bekannten Wiener Gruppe von Sammlern und Mäzenen gehalten. Mit Skaterschikov scheint es noch offene Rechnungen zu geben, Aksenov erklärte bei der Viennafair-Pressekonferenz den von Skaterschikov gegründeten Ankaufsfonds, der 2012 rund 600.000€ auf der Messe investiert hat, für ruhend. Bis die Besitzansprüche an den Werken geklärt sind, was bis Jahresende passieren soll, so Aksenov.

Das voriges Jahr so strapazierte Wort Investment fiel jedenfalls heuer kein einziges Mal auf dem Podium, auf dem auch die künstlerischen Leiterinnen, Vita Zaman und Christina Steinbrecher-Pfandt, sowie Vertreterinnen der Hauptsponsoren Erste Bank und OMV saßen. Im Großen und Ganzen ist diesem Team wieder eine hochkarätige Veranstaltung gelungen. Bis auf einige Unausgereiftheiten, etwa die zu versteckte und unklar beschriftete Wand mit günstiger Kunst für Start-up-Sammler. Die an den nahen Prater erinnernde riesige Tony-Soprano-Statue im Zentrum der Messe. Und den verschwindend kleinteiligen Skulpturengarten auf dem Messevorplatz. Man merkt schon die Schwierigkeit des Spagats zwischen Spektakelkunst und Kunstspektakel, zwischen der berechtigten Sehnsucht nach der Messe als Event und der Gefahr, hinter der Oberfläche zu ersticken.

 

Heimtückische Superlative der Kunst!

Trophy-Art findet man hier zumindest keine, internationale High-End-Galerien verzichten schnöde auf den Standort Wien. Trotzdem legen sich die international arbeitenden österreichischen Galerien ins Zeug: Altnöder widmet dem jungen Performer Peter Fritzenwallner einen prominenten Zone-1-Entdeckungsstand, genauso wie Hilger den zauberhaften, zeitgenössisch gebrochenen historischen Stichen Andrew Mezwinskys, der bald im Jüdischen Museum ausstellt. Nächst St. Stephan leistet sich einen konzeptuell gefinkelten Programmüberblick, Kargl stellt einen ganzen Raum aus, den David Maljkovic für einen Wiener Sammler konzipiert hat. Meyer Kainer bietet eine Art Rückschau auf Teile des heurigen Wiener Museumsprogramms – mit einem Abguss aus der Gelatin-Installation im 21er-Haus, Modellen Franz Wests oder einer Collage aus Verena Denglers MAK-Ausstellung – „Wiener Geflecht“. Toller Titel.

Hubert Winter scheint ein Abo auf den Wirtschaftskammerpreis für die beste Schau einer etablierten Galerie zu haben, er gewinnt ihn das dritte Mal in Reihe – für die Präsentation der Grafitzeichnungen des wenig bekannten Franz Vana. Über den Preis für eine junge Galerie, der an die polnische Galerie Czulosc geht, könnte man streiten.

Prinzipiell aber darf man sich wieder auf diese Messe freuen. Mit Superlativen aber, das hat uns das Viennafair-Plakat heuer heimtückisch gelehrt, sollte man vorsichtig sein: „Österreichs größte Kunstmesse Europas.“ Versäumen Sie sie trotzdem nicht.

Bis 13.10., Messeplatz 1, Wien 2, www.viennafair.at

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 10.10.2013)

 

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Ausstellung: Geistesblitze im Kunstnebel

03.11.2009 | 18:47 |  ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

In der Secession und im „Weißen Haus“ warten Schwärme von Elektronen, um uns auch heute davon zu überzeugen: „Es lebe die Maschinenkunst!“

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Kalte, feuchte Luft weht einem entgegen, der Raum ist düster, in der Mitte prangt eine mächtige, wummernde Maschine, die aussieht, als hätte Bruno Gironcoli sich in russischen Forschungslabors ausgetobt und nicht in österreichischen Skulpturenparks. Es wird einem aber rasch klamm ums Herz: Aus den beiden großen Tellern der Maschine steigen zwei Säulen Wasserdampf auf, hellgraue Wolken, die sich dräuend-romantisch in Richtung der Oberlichte der Secession verziehen und alle zehn Minuten von einem massigen Industrieventilator auf den Karlsplatz geschaufelt werden. Elektrosmog. Wenn sie immer schon einmal wissen wollten, wie dieser aussieht – voilà!

Die junge italienische Künstlerin Micol Assaël lädt hier Wasserdampf mit 10.000 Volt auf und erzeugt dadurch ein sichtbares elektrostatisches Feld. Ist man über acht Jahre alt, nicht schwanger und trägt keinen Herzschrittmacher darf man dieses auch durchschreiten – von groben elektrischen Schocks kann nicht berichtet werden, die Haare stehen einem auch nicht gleich zu Berge, nur die Härchen im Gesicht beginnen sich aufzurichten, was höchstens ein angenehmes Kribbeln erzeugt.

 

Ungläubiger kleiner Technik-Thomas

Trotzdem. Ganz wohl ist einem nicht bei diesem Ausstellungsbesuch und zwar nicht nur, weil man an die Stromrechnung des Künstlervereins denkt (sie ist in diesem Fall Teil des Ausstellungsbudgets). Aber Strom plötzlich „sehen“ zu können! Und derart mächtigen Maschinen auf Augenhöhe gegenüberzustehen! Das ist der Generation Wlan seelisch nur noch zumutbar, wenn sie das Glück hat, sich gerade noch an einen Physikunterricht erinnern zu können, bei dem Energie noch durch simple Reibung auf einer drehbaren alten Funkenschleuder aufgeblitzt ist. Danke, Frau Fessor! Sonst wäre ich heute ein ungläubiges Thomasinchen und müsste die Maschine – streng verboten! – betatschen, wie der Hl. Thomas Jesus‘ Wunde, um glauben zu können.

Technikgläubigkeit, daran spielt wohl der Titel der Installation an, „Fomuska“, auf Russisch kleiner Thomas. Das ungläubige Staunen und die russische Maschinenkunst, die Wladimir Tatlin Anfang des 20. Jahrhunderts begründete, das bringt Micol Assaël heute, in einer Zeit ohne Utopien, in ihren Versuchsanordnungen zusammen, zeichnet dabei auch durch ihre Herkunft eine historische Spur nach. Stand doch die russische Avantgarde in Beziehung zum italienischen Futurismus, und arbeitet die Italienerin Assaël doch eng mit dem Moskauer Elektroenergetischen Institut zusammen.

So geht „Fomuska“ etwa auf eine russische Versuchsanlage zurück, in der die Blitzentladung simuliert wurde. Würde man etwa eine Neonröhre in den extremen Elektrosmog halten, begänne diese zu „blitzen“.

 

Kleine elektrische Schläge

Ausprobieren kann das, wer sich traut, im Wiener Kunstverein „Das weiße Haus“, wo David Moises und Chris Janka einen „Geistesblitzgenerator“ zur großzügigen Verfügung stellen: Einen Hometrainer, der über eine Apparatur wie in einem Lift Elektronen nach oben, in eine auf Kopfhöhe des Fahrers montierte metallene Kugel schickt, erklärt Moises. „Und dann wollen die Elektronen eben aussteigen.“

Was man daran erkennt, dass die Neonröhre leuchtet, die man in Richtung Kugel halten kann. Oder spürt, wenn einen der „Geistesblitz“ trifft, manchmal unerwartet heftig, handelt es sich immerhin um eine, vor allem im Vergleich mit „Fomuska“ hohe Spannung, 700 Kilovolt – „das Rad wehrt sich eben gegen seine Benutzung“, meint Moises. Am Samstag erklärt er dieses Eigenleben der Maschine in einer Lecture noch ein wenig genauer. Zehn jüngere Künstler, vor allem Jungs, wurden vom jungen Kunstverein eingeladen, ihre „Funky Machines“ zu zeigen. Ein Trend? Heißt es etwa immer noch, wie 1920 bei der ersten Dada-Messe „Die Kunst ist tot. Es lebe die neue Maschinenkunst Tatlins“? „Von 300 Einreichungen für unser Jahresprogramm fiel uns dieses Thema eben auf“, ist sich Elsy Lahner nicht ganz trendsicher. Maschinenkunst, Kinetik, Bricolage, also Bastelkunst, haben nun einmal eine lange, ungebrochene Geschichte, die von Leonardo an erzählt werden könnte und mit Tatlin und Tinguely in der Moderne Höhepunkte hatte.

Was sich allerdings sowohl in der Secession als auch im „Weißen Haus“ durchzieht, da eben sowjetische Rohheit, dort eher Ikea-Sperrigkeit, ist die Bastelästhetik, die zum Teil kongenial, zum Teil verschroben ist: Achim Stiermanns raumhohe Maschine aus Strohhalmen etwa, die Tischtennisbälle in einen unerwarteten Kreislauf bringt, der über eine schräge Platte, den Parkettboden und einen aufgespannten Regenschirm führt. Oder Peter Fritzenwallners Hochsitz, der über Seile die Bewegungen des Sitzenden zur Musik, etwa YMCA, auf eine Art „Schießscheibe“, ein Diagramm überträgt. Bewusst unperfekt auch die unebenen Keramikkugeln von Korinna Lindinger, die den Raum erforschen, sich selbstständig von einer Wand zur anderen wuchten, aneinanderprallen, aber bisher doch nicht zerschellten. Spielerisch, poetisch und erfindungsreich. Unbedingt ansehen. Bis Samstag noch. Danach folgen zwei Einzelausstellungen, von Bernhard Hosa und Zweintopf. Und im April zieht das „Weiße Haus“ dann weiter, in ungewisse Weiten.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 04.11.2009)