…..ist ein Performance- bzw. Filmprojekt, das ich im März 2014 realisierte.
Es beruht auf zwei Kooperationen – es ist es im Rahmen des Ausstellungsprojektes „Kultur-Pause“ 1 entstanden, das von Kindern aus der Floridsdorfer AHS Franklingasse kuratiert wurde.
Die zweite Kooperation – die direkt den Inhalt meines „Rosetta-Stone-Steno-Projects“ beeinflusst hat – bin ich mit dem ÖSTV eingegangen, dem „Österreichischen Verein für Stenografie und Textverarbeitung“. Warum Stenografie?
Die Stenografie ist eine stark phonetisch orientierte, gestisch interessante Form der Kurzschrift. Die Stenografie war bis in die 1990er- Jahre als Kulturtechnik des Schreibens Teil unseres Alltags. In Büros, auf Universitäten und vor Gericht oder einfach um jederzeit schnell, in Sprechgeschwindigkeit Notizen zu machen. Aufgrund der technologischen Entwicklung ist diese Schriftform ins Abseits geraten.
Frau Dr. Biwald, auch als Stenografin beim Hypo-Prozess tätig, stenografierte im Herbst 2013 auf einer meiner Performances als Co-Performerin. Sie übertrug live mitgefilmt und an die Wand projeziert, alles bei der Performance Gesprochene in stenografische Zeichen. Durch sie bin ich auf den „ÖSTV-Österreichischer Verein für Stenografie und Textverarbeitung“ gekommen.
Trotz einem sinkenden Interesse an der Stenografie versuchen die Mitglieder des Vereins diese mit Begeisterung weiter zu unterrichten und zu verbreiten.
Das ist das Interesse des Vereins. Mich wiederum interessiert genau der Aspekt des Funktionsverlustes einer Schrift, wenn sie durch mangelnden Gebrauch aus dem kollektiven Gedächtnis sowie der kollektiven Praxis ver- schwindet, wenn Zeichen und Bedeutung von einander entkoppelt werden und die blanke Geste und die ambivalente Form als unauflösbare „Reste“ bleiben. So versuche ich in der performati- ven Erzählung des „Rosetta-Stone-Steno-Projects“ beide Interessen zu vereinen. Der Plot der Erzählung umschreibt science-fiction -artige „Erfolgsgeschichte“ der Stenographie in der Zeit von 2014-2074. Aufgrund ener weltweiten hochtechnisierten Kriegskatastrophe verliert die Menschheit alle Technologie und Schriftlichkeit. Die Zivilisation hat sich verändert. Die Menschen leben in kleinen autarken Gruppen, die in ihrer Lebensweise wieder einen „ursprünglichen Naturzustand“ erreichen wollen. Ohne Technik und Schrift. Die Menschen betreiben ausschließlich Jagd und Ackerbau.
Technologische Artefakte und „Reste“, kaputte aufgefundene Objekte aus der alten Zivilisation- werden nicht mehr durch eine Brille des Nutzens und der Funktionalität gesehen, sondern ausschließlich als sakralisierte Kultgegenstände verwendet. Animistisches Denken hat rationalistisches Denken ersetzt. Kinder bekleiden wichtige Ämter.
Auch in Wien existiert solch eine Gruppe von Überlebenden. Auf der Suche nach Pflanzensamen wandert die Gruppe die Donau flußaufwärts und findet in einem aufgelassenen Museumsdepot große Stenozeichen aus glänzendem Blech. Deren eigentliche Funktion als Schriftzeichen ist den Menschen nicht bekannt. So verwenden sie die Zeichen als rituelle Kultformen. Erst durch einen Zufall, durch das Auffinden eines Steins mit eingravierten SMS Texten und deren Steno-Übersetzungen, entdeckt die Gruppe, dass es sich bei den Zeichen um banale Alltagsinformationen handelt. Die anfängliche Ent-täuschung über diese Ent-sakralisierung der Formen weicht bald der neuen Erkenntnis, die Formen als Kommunikationszeichen zu benutzen. Über größere Distanzen, von Hügel zu Hügel, über Flüsse, Ebenen und Täler hinweg, oder von Gebäude zu Gebäude, können die Menschen nun Nachrichten weiterleiten. Die Erfolgsgeschichte der Stenografie beginnt. Damit ensteht auch neuer Fortschritt. Wo wird dieser nun hinführen?
Für diese Aktion habe ich in SMS und e-mails, für einfache Alltagsnachrichten gebräuchliche Abkürzungen, sowie aus Internetjargons entstandene Abkürzungen in Stenografie transkribiert:
Zb. „Komme später“, „ich euch auch“, „schreib dir später“, „dümmster anzunehmender User“, „kein Plan“, „Text oben Fußnote unten“, „away from keyboard“,
Diese stenografischen Zeichen habe ich stark vergrößert und auf alte Aluminium-Werbetafeln übertragen und ausgeschnitten, an Aluminiumstangen montiert und so tragbare stenografische Transparente hergestellt. Diese sind der zentrale Bestandteil der Performance und des Plots für das Video.